Lange ist es her, seit ich den letzten Erfahrungsbericht von einer Teilzeit- Ärztin veröffentlicht habe. Umso mehr freut es mich, dass es heute wieder soweit ist. Falls auch du als Ärztin in Teilzeit arbeitest, würde ich mich sehr über deinen Erfahrungsbericht freuen. Wie immer kannst du mir gerne eine E-mail schreiben, falls du mehr Informationen zu der Stelle haben möchtest.
Nadja arbeitet in der Pädiatrie und hat hier meine Fragen beantwortet. Vielen vielen Dank, liebe Nadja, für deine Einblicke!
Stell dich doch kurz vor?
Unsere bisher noch kleine Familie besteht aus Mama, Papa und 26
Monate altem Sohn (sagen wir ihm Hans). Die Eltern sind beide
Assistenzärzte. Mama ist in der Ausbildung zur Pädiaterin und Papa in
Richtung Kinder- und Jugendpsychiatrie. Mama hat 2013 das Studium
abgeschlossen, dann bis zur Geburt im Juli 2016 100% gearbeitet (6 Mt
Geriatrie, 5 Monate Dissertation, den Rest Pädiatrie), dann 1
Jahr Babypause gemacht, und seither wieder beim gleichen Arbeitsgeber
mit 50% angestellt. Papa hat sein Studium 2014
abgeschlossen, seine Dissertation bereits während dem Studium gemacht,
arbeitete bis Anfang 2017 100% (Innere Medizin und Kinder- und
Jugendpsychiatrie), und seither 80% (kein Papitag, sondern sodass er
jeweils abends frühzeitig Schluss machen kann).
Wie sind die Arbeitstage aufgeteilt? Regelmässig/ Dienste/ Nachtdienste/ Wochenende?
Bei mir gelten 50 Stunden/Woche als 100%, daher sollte ich mit
50% auf 25 Stunden/Woche kommen. Ob dies klappt oder nicht ist extrem
abhängig von der Station, auf welcher ich eingeteilt bin. Ich wechsle
alle 2 bis 6 Monate die Station, daher ist es immer
wieder anders. Am Besten klappt es auf den Polikliniken, da hat man
schon lange im voraus den Arbeitsplan, wenig Wochenenddienste - zirka
alle 2 Mt ein Wochenende - und man hat wenig unvorhergesehenes und kann
ansonsten abends auch Berichte liegen lassen und
sich die Zeit selber einteilen. Falls es mal zu ein paar Überstunden
kommen sollte, werden diese auch zeitnah kompensiert. Am Schlechtesten
klappt es auf der Intensivstation. Dort gibt es viel Unvorhergesehenes
(zum Beispiel kurz vor Dienstwechsel ein Schockraum,
dann kommt man erst Stunden später raus), die Arbeitspläne sind immer
wieder komplett anders, man hat 1-2 Wochenenddienste/Monat, die
Arbeitspläne kommen meist erst extrem kurzfristig raus (manchmal erst 3
Tage bevor der Monat beginnt). Überstunden werden
auf der IPS meist nicht generiert, weil unter der Woche 3
Schichtbetrieb herrscht - also nur 8h/Tag plus Übergabe, statt den
üblichen 10h/Tag. Am Wochenende hat man dafür 2 Schichtbetrieb - also
12h plus Übergabe. Für Überstunden reicht es aber meist nicht.
Das Problem dort ist eher, die kurzfristigen Pläne um die
Kinderbetreuung zu organisieren und, dass immer wieder versucht wird zum
Beispiel 7 Tage am Stück eine Teilzeitarbeitende einzuteilen - was
einfach kein Sinn macht auch wenn das möglicherweise besser
ist für die kontinuierliche Betreuung der Patienten. Ausserdem bin ich
schon länger am kämpfen für mindestens einen fixen freien Wochentag,
andem ich nie arbeiten werde - das klappt auch nicht überall gleich gut.
Ich werde dies aber weiterhin versuchen durch
zu setzen.
Bei meinem Arbeitsgeber gibt es 50%,
neuerdings 75% und 100% Pensen für Assistenten. Die 50%
Teilzeitarbeitenden werden nur auf dem Notfall, der IPS oder in
Polikliniken (maximal 6 Monate) eingeteilt. Dies finde ich besonders
ungünstig, da Eltern
sicher froh wären um möglichste wenig Schichtarbeit und viel
Kontinuität - auf dem Notfall und der IPS ein Fremdwort.
Musstest du dir eine Stellenpartnerin selber organisieren?
Ich habe keine Stellenpartnerin in dem Sinne. Während meiner
Zeit auf der Poliklinik, habe ich mir eine 100% Stelle mit einer Kolegin
geteilt, das war sehr unkompliziert, wir mussten einfach die Ferien
etwas abstimmen, aber das ging alles sehr einfach.
Was ist dir bei deiner Arbeit wichtig? Hast du evl. ein Ausbildungsziel (FMH Titel)?
Mein Ziel/wichtig ist mir in der Ausbildung zur Pädiaterin weiter zu kommen - wie ist aktuell sekundär.
Was würdest du am liebsten bei deiner Arbeitsstelle verändern?
Ich wünschte mir, dass die Arbeitspläne frühzeitig feststehen,
teilzeitarbeitende Eltern mit kleinen Kindern primär auf Stationen
eingeteilt werden, die möglichst viel Tagdienste haben, wenig
unvorhergesehenes und möglichst fixe Täge. Ich würde mir auch
wünschen, dass ein grosses Kinderspital wie mein jetziger Arbeitsgeber mit einer
Kinderbetreuungsstätte zusammen arbeitet, welche ALLE Dienste abdecken
kann und flexibel ist - so wie wir es auch für unseren Arbeitsgeber sein
müssen. Da mein Mann auch viele Dienste hat, sind
vor allem die Abende/Nächte/ Wochenenden für uns schwer abzudecken, da
wir dabei nicht auf 'offizielle' Fremndpetreuungsplätze zugreiffen
können. Das muss also jeden Monat neu mittels privaten Kontakten
organisiert werden - und die Grosseltern sind leider
nicht in der Nähe.
Wie habt ihr euch die Kinderbetreuung organisiert?
Unser Sohn geht primär zur Tagesmutter,
welche über den Tagesfamilienverein angestellt ist. Wir
haben die Vereinbarung, dass er jeden Monat wieder anders kommen kann
von den Zeiten und Tagen her, aber mindestens 9h/Woche. Er hat ausserdem
eine
Ersatztagesmutter, die bei Krankheit oder Ferien der Tagesmutter zum
Einsatz kommt. Beide sind zwischen 7h bis 19h wochentags verfügbar. Der
Rest (Abende/Nächte/Wochenenden) versuchen wir Eltern gegenseitig
aufzufangen, was aber oftmals unmöglich zu planen
ist aufgrund der kurzfristigen Arbeitspläne, daher kommen dann ein
erweiterter Kreis an privaten Kontakten zum Einsatz - Studienkollegen,
Arbeitskollegen, Babysitterin, Grosseltern, und so weiter.
Welche Tipps würdest du Medizinstudenten oder Assistenzärztinnen mitgeben?
Kinder zu haben während der Assistenzzeit, wenn beide
Elternteile Ärzte sind und viele Dienste haben und die Grosseltern nicht
nebenan wohnen, heisst viel organisieren. Aber ich würde es sofort
wieder tun, respektive wir werden es hoffentlich bald
wieder tun. Lasst nicht locker bei Verhandlungen mit dem Arbeitsgeber
und seid auch nicht zurückhaltend mit euren Anliegen an oberster Türe
anzuklopfen - Beharrlichkeit zahlt sich aus.
Ich finde übrigens seit ich Mami bin, habe ich ein komplett anderes
Verständnis für meine Arbeit als Pädiaterin, es beeinflusst mich sehr
positiv in vielerlei Hinsicht.
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