Heute beginnt für viele Medizinstudenten offiziell das 
Wahlstudienjahr. Endlich können erste Erfahrungen im Spital als 
zukünftige Assistenzärzte gesammelt werden (abgesehen vom 
Häfelipraktikum und Studentenjobs). Eine super spannende Zeit erwartet 
uns. Bei manchen Stellen werden wir wahrscheinlich unsicher sein, uns 
behaupten zu können. Gerade den chirurgischen Fächern haftet der Ruf an,
 dass Unterassistenten schlecht behandelt werden. Viel arbeiten müssen. 
Wochenenden. Nachtdienste. Oft für weniger als 1000 Fr./ Monat brutto. 
Und im Arbeitsvertrag festgehalten, dass dies nicht kompensiert werden 
könne.
Es wird also viel auf uns zukommen, wir werden viele Erfahrungen 
sammeln können. Bei dieser Gelegenheit möchte ich etwas loswerden, das 
mir auf dem Herzen liegt. Und zwar:
Ich fände es wichtig, dass die Arbeitszeiten & -bedingungen sich 
verbessern würde für Assistenzärzte. Da bin ich (glaube ich) auch nicht 
ganz alleine. Nur: die können sich nur verbessern, wenn 
die nachrückenden Assistenzärzte ihre Rechte einlösen. Noch zu oft höre 
ich von Assistenzärzten, die sich beklagen, dass die Arztkollegen 
die Arbeitszeit nicht stempeln. Am Wochenende noch Berichte schreiben, 
ohne dies als Arbeitszeit anzugeben. Damit schneiden sich diese nicht 
nur in das eigene Fleisch, sondern schaden auch den Assistenzärzten, die
 die Zeit korrekt erfassen. Zu oft bekommen diese dann zu hören: 
"Weshalb hast du so viele Überstunden? Du arbeitest zu langsam! Kollege X
 hat es schliesslich auch in 50 Stunden geschafft!". Tja, war nicht so, 
nur hat dieser nicht seine vollständige Arbeitszeit erfasst.
Deshalb mein Anliegen: übt schon im Unterassistenzjahr, nein zu 
sagen, eure Arbeitszeit zu erfassen (falls ohne Stempelkarte: diese für 
euch zu kompensieren). Haltet euch an euren Arbeitsvertrag. Im 
Unterassistenzjahr sind wir noch weniger für Patienten verantwortlich, 
und überbezahlt sind wir ja auch nicht. Also: stärkt euren Rücken, 
schaut zu euch! Wenn man sich lange genug nicht gewehrt hat für bessere 
Bedingungen schwindet auch der Mut, es zu tun.
Was mir dabei hilft:
- ich kommuniziere den Assistenz- und Oberärzten, mit denen ich 
zusammenarbeite, meine Arbeitsbedingungen im Arbeitsvertrag. Dass ich 
nur eine 42h Woche habe (ist sehr vielen nicht klar) und einberechnete  Fortbildungszeit. Dass ich also nicht faul bin, wenn ich nach 
8.5h Arbeitszeit nach Hause gehe, sondern dies mein Recht ist. Auch die 
Ferientage darf ich einziehen. Falls du ein Arbeitsvertrag mit 
schlechten Arbeitsbedingungen unterschrieben hast, ist's natürlich dumm.
 Aber vielleicht schaust du dann für die Assistenzarztstelle besser 
darauf und wählst dein Spital entsprechend aus.
 
- ich mache mir klar, dass ich nicht erfasste Überstunden nicht für 
die Assistenzärzte/ Oberärzte/ Patienten leisten würde, sondern für die 
Spitalverwaltung. Also für die Spitalleitung, die meist nicht Ärzte sind
 und bereits gut verdienen. Die sind es, die letzlich davon profitieren.
 
- ich bin mir bewusst, dass ich für meine Kräfte selber schauen muss. 
Ich bin für mich verantwortlich. Zu oft denkt man "das ist ja jetzt nur 
eine kurze Zeit so streng, danach kommt's besser". Leider ist man 
schnell in der Routine vom "viel schaffen" drin, zurückbuchstabieren ist
 dann oft schwierig und braucht noch mehr Mut. Es ist einfacher, von 
Anfang darauf zu achten.
 
- Wenn ich mich überarbeite und in eine 
Erschöpfungsdepression rutsche, muss ich die Konsequenzen tragen. Und 
die sind als Assistenzärztin nicht rosig - wahrscheinlich wäre ich ohne 
Lohnfortzahlung krank geschrieben, da in den 1-Jahres-Verträgen von 
Gesetz her nur 3 Wochen Krankentaggeld gezahlt wird oder der Vertrag 
während der Krankschreibung ausläuft und nicht verlängert wird. Die 
Spitalleitung käme also nicht an mein Krankenbett und bedankt sich für 
meinen ausserordentlichen Einsatz, sondern ich würde mit den ganzen 
finanziellen Konsequenzen alleine gelassen.
 
Die Arbeitsbedingungen können sich nur verändern, wenn ich bei mir selbst anfange.
In diesem Sinne meine Meinung: Schau zu dir, zu deinen Kräften. Damit hilfst du 
nicht nur dir sondern auch deinen zukünftigen Assistenzarztkollegen.
Was ist deine Meinung dazu? Vielleicht magst du von deinen Erfahrungen dazu berichten?