10.04.2015

Da bewegt sich was

Letzthin bin ich auf einen interessanten Artikel gestossen, der sich lohnt zu lesen. Er ist zwar bereits von 2012, aber noch immer aktuell. Nur zwei Auszüge aus dem Artikel:
"Die Klinik [Kinder- und Jugendpsychiatrie Marl-Sinsen, Deutschland] bietet flexible Arbeitszeitmodelle, wer etwa aus familiären Gründen nie donnerstags abends arbeiten kann, braucht das auch nicht. Teilzeitkräfte können ihre Arbeitszeiten sogar völlig individualisieren und etwa nur abends oder nur frühmorgens arbeiten."
"Die Kliniken der Stadt Köln, deren medizinischer Geschäftsführer Christian Schmidt ist, bieten etwa einen Kindergarten, eine „Tagesmutter-Hotline“ für den Notfall und ein Feriencamp für Grundschüler."
Berechenbare und familienfreundliche Arbeitszeiten nehmen also Einzug in Deutschland's Spitäler. Zumindest in der Jugend- und Kinderpsychiatrie, wie im Artikel beschrieben ist. Psychiatrie hat die Vorreiterrolle inne was Work-life-Balance angeht, wie ich bisher so erlebt habe. In vielen anderen Fachgebieten sieht das leider noch ganz anders aus. Aber es ist natürlich toll, dass darüber berichtet wird und für mich ist das eindeutig ein Vorstoss in die richtige Richtung!

Ganz abgesehen davon, dass auch ich lieber anyonym bleiben möchte (wie die interviewten angehenden Ärzten/innen), erkenne ich mich selber oft auch wieder im Artikel und der beschriebenen "Generation Y".

Wer den ganzen Artikel lesen möchte:
FAZ-Artikel: "Generation Y: der alte Arzt hat ausgedient".

07.04.2015

Ostern 2015




An diesen Ostern wurden unsere Pläne oft durchkreuzt. Leider. Eigentlich wären wir drei Tage auf unserer Schweizdurchquerung (Alpenpanoramaweg Nr. 3, vom Bodensee nach Genf) weitergewandert. Das machen wir nun schon seit 2010 jedes Jahr und ist zu einer kleinen Tradition geworden. Wegen der Kälte und dem vielen Regen machte uns das Wetter leider einen Strich durch die Rechnung. Nun ja, dafür haben wir das Büro ausgemistet und ich habe einiges für meine Dissertation gearbeitet. Ausserdem haben wir kleine Figürchen für die Briobahn angemalt (Mama, Papa, Radieschen). Und ich habe viel gehäklet. Und zwei Filme geschaut ("Alle anderen" und "Halt auf freier Strecke", beide sehr zu empfehlen!).

Und ein gelbes Schaumbad (sieht auf dem Foto leider mehr nach braun aus...) wurde auch noch genommen. Radieschen spielt mit was ihm gerade in die Finger kommt - zum Beispiel Rasierklingen ;-)



Freitagnachmittag kam sogar kurz die Sonne raus, so dass wir mit dem Tandem nach draussen gingen.



Samstag besuchten wir die Oma von meinem Mann. Wir klingelten sicher während einer Viertelstunde, niemand machte auf. Vielleicht hat sie die Verabredung bereits wieder vergessen? Zum Glück beobachtete ihre aufmerksame Nachbarin uns und öffnete uns die Tür. Sie hat den Schlüssel zur Wohnung, das war ganz schön praktisch in diesem Moment! Oma war tatsächlich zu Hause, sie hat einfach nur tief und fest geschlafen... Es kam sogar noch den einen Bruder vom Mann vorbei, so dass es ein richtig schöner Besuch wurde.
Für Sonntag & Montag hatten wir uns dann ein tolles Programm zusammen gestellt. Zuerst Besuch bei Freunden, dann auf dem Rückweg bei meiner Mutter & Grossmutter vorbei plus Übernachtung. Und am nächsten Tag eine feine Wanderung direkt von dort aus. Soweit der Plan. Im Zug zu unseren Freunden bekam ich ein komisch flaues Gefühl im Magen... Das leider nicht besser wurde, und so lag ich vor allem bei den Freunden am Boden bzw über der WC Schüssel. Nicht schön. Und so ging's danach wieder nach Hause, im Zug & Bus auch mit mehrmaligem Erbrechen (zum Glück hatte es Toiletten im Zug)... Eine rechte Horrorfahrt!
Montag fühlte ich mich noch sehr geschwächt, so dass mein Mann, Radieschen & ein Freund alleine für eine Wanderung in der Umgebung aufbrachen. Der erste schöne Tag seit langem lockt ja wirklich! Nun hoffen wir, dass nicht auch sie noch krank werden...

06.04.2015

Rückblick 2. Praktikumsmonat

Schon mein zweiter Monat auf der Abteilung ist bereits vorbei. Neben den üblichen Arbeiten und Weiterbildungen kam dieser Monat neu dazu:
  • Betreuung von Patienten von Eintritt bis Austritt (inkl. alleine geführte Patientengespräche)
  • den Case Report habe ich fertig geschrieben - und bin sogar Erstautorin! Sehr, sehr! nett!
  • die Psychoedukation leite ich nun selber
  • je einen Tag habe ich auf der Akutambulanz, bei der zentralen Aufnahme und auf der Suchtabteilung hospitiert. Ausserdem war ich bei der Genussgruppe dabei sowie bei einem fürsorgerlichen Unterbringungs (FU)-Gespräch durch Amtsarzt beteiligt. Und bei einem Round table mit Sozialdienst, Wohnheim & geschützter Arbeitsstelle habe ich den Assistenzarzt vertreten. Das war sehr interessant. 
Weiter versuche ich mir effiziente Systeme zu erarbeiten. Jetzt als Unterassistentin habe ich dafür noch die Zeit, verschiedene Tools auszuprobieren. Mein Ziel ist es, mit diesen Systemen später als Assistenzärztin speditiv arbeiten zu können. Sobald man den Überblick über die Patienten hat geht weniger vergessen und der Stress wird weniger.
  • Verlaufseinträge: bei den Assistenzarzt- und Oberarztgespräche schreibe ich die Verlaufseinträge. Als kleine Herausforderung versuche ich, den Patienten jeweils aus dem psychiatrischen Auge zu beschreiben - zB "klagsam im Gespräch", "ungeordnete, weitschweifige Gedankengänge" etc. Ist gar nicht so einfach und braucht viel Erfahrung. Ausserdem habe ich bei einer Assistenzärztin ein tolles System abgeschaut: Verlaufseinträge nach SOP. S = subjektiv (was schildert der Patient), O = objektiv (die psychiatrische Sicht) und P = Prozedere (was wird aufgrund des Gespräches verändert). Macht viel Spass und ist schön systematisch, was ich ja sehr mag. Für die Verlaufseinträge habe ich nun also mein System gefunden :-)
  • Überblick über Patienten: Bislang habe ich noch kein praktikabels System erarbeitet. Von einer Übersichtstabelle erhoffe ich mir nämlich, viel schneller Austrittsberichte schreiben zu können, im Computersystem sind die Infos nämlich an verschiedenen Orten gespeichert. Nicht sehr effizient        ;-) Ausserdem ist es auch gut, auf einen Blick zu sehen, was ansteht und wo man aufpassen muss (Labor, besondere Medis, Therapieziele...). Vielleicht hat hierfür jemand mir einen Tipp? 
So sieht momentan die eigen kreierte Übersichtstabelle aus, aber ich bin nicht zufrieden damit, weil ich nämlich nicht sehr oft am Computer bin und sie deshalb nicht ausfülle... Mal schauen, wie es weiter geht!

Die meisten dieser Aufgaben habe ich mir selbst aus eigener Initiative organisiert. Es geht nicht's über Selbstinitiative, damit lerne ich viel mehr und es wird mir nicht langweilig. 

Meine Arbeitstage sind momentan etwas nachteilig gelegen - die meisten Eintritte Ende Woche/ am Wochenende verpasse ich so. Deshalb hoffe ich immer auf Patienteneintritte an meinen Arbeitstagen. 

Insgesamt fühle ich mich wirklich sehr wohl auf der Abteilung. Und es freut mich wirklich sehr, dass sie mich nach dem Staats gleich behalten möchten - und auch nicht aufgeben, obwohl ich den Vertrag als Assistenzärztin in einem anderen Spital bereits unterschrieben habe... Das Leben ist sehr angenehm, wenn man ein gutes Verhältnis mit dem Pflegeteam hat. Sie sind wirklich sehr nett und finden, ich würde schon so viel Ärzteaufgaben übernehmen, dass ich auch nach Tax-Punkten abrechnen könnte ;-)

Aber auch den Spass kommt nicht zu kurz und so habe ich zusammen mit einer Assistenzärztin in einer Pause beim Osternachmittag einen Osterkorb für zu Hause gestaltet :-) 

01.04.2015

Selbstfürsorge

Heute beginnt für viele Medizinstudenten offiziell das Wahlstudienjahr. Endlich können erste Erfahrungen im Spital als zukünftige Assistenzärzte gesammelt werden (abgesehen vom Häfelipraktikum und Studentenjobs). Eine super spannende Zeit erwartet uns. Bei manchen Stellen werden wir wahrscheinlich unsicher sein, uns behaupten zu können. Gerade den chirurgischen Fächern haftet der Ruf an, dass Unterassistenten schlecht behandelt werden. Viel arbeiten müssen. Wochenenden. Nachtdienste. Oft für weniger als 1000 Fr./ Monat brutto. Und im Arbeitsvertrag festgehalten, dass dies nicht kompensiert werden könne.
Es wird also viel auf uns zukommen, wir werden viele Erfahrungen sammeln können. Bei dieser Gelegenheit möchte ich etwas loswerden, das mir auf dem Herzen liegt. Und zwar:
Ich fände es wichtig, dass die Arbeitszeiten & -bedingungen sich verbessern würde für Assistenzärzte. Da bin ich (glaube ich) auch nicht ganz alleine. Nur: die können sich nur verbessern, wenn die nachrückenden Assistenzärzte ihre Rechte einlösen. Noch zu oft höre ich von Assistenzärzten, die sich beklagen, dass die Arztkollegen die Arbeitszeit nicht stempeln. Am Wochenende noch Berichte schreiben, ohne dies als Arbeitszeit anzugeben. Damit schneiden sich diese nicht nur in das eigene Fleisch, sondern schaden auch den Assistenzärzten, die die Zeit korrekt erfassen. Zu oft bekommen diese dann zu hören: "Weshalb hast du so viele Überstunden? Du arbeitest zu langsam! Kollege X hat es schliesslich auch in 50 Stunden geschafft!". Tja, war nicht so, nur hat dieser nicht seine vollständige Arbeitszeit erfasst.
Deshalb mein Anliegen: übt schon im Unterassistenzjahr, nein zu sagen, eure Arbeitszeit zu erfassen (falls ohne Stempelkarte: diese für euch zu kompensieren). Haltet euch an euren Arbeitsvertrag. Im Unterassistenzjahr sind wir noch weniger für Patienten verantwortlich, und überbezahlt sind wir ja auch nicht. Also: stärkt euren Rücken, schaut zu euch! Wenn man sich lange genug nicht gewehrt hat für bessere Bedingungen schwindet auch der Mut, es zu tun.
Was mir dabei hilft:
  • ich kommuniziere den Assistenz- und Oberärzten, mit denen ich zusammenarbeite, meine Arbeitsbedingungen im Arbeitsvertrag. Dass ich nur eine 42h Woche habe (ist sehr vielen nicht klar) und einberechnete  Fortbildungszeit. Dass ich also nicht faul bin, wenn ich nach 8.5h Arbeitszeit nach Hause gehe, sondern dies mein Recht ist. Auch die Ferientage darf ich einziehen. Falls du ein Arbeitsvertrag mit schlechten Arbeitsbedingungen unterschrieben hast, ist's natürlich dumm. Aber vielleicht schaust du dann für die Assistenzarztstelle besser darauf und wählst dein Spital entsprechend aus.
  • ich mache mir klar, dass ich nicht erfasste Überstunden nicht für die Assistenzärzte/ Oberärzte/ Patienten leisten würde, sondern für die Spitalverwaltung. Also für die Spitalleitung, die meist nicht Ärzte sind und bereits gut verdienen. Die sind es, die letzlich davon profitieren.
  • ich bin mir bewusst, dass ich für meine Kräfte selber schauen muss. Ich bin für mich verantwortlich. Zu oft denkt man "das ist ja jetzt nur eine kurze Zeit so streng, danach kommt's besser". Leider ist man schnell in der Routine vom "viel schaffen" drin, zurückbuchstabieren ist dann oft schwierig und braucht noch mehr Mut. Es ist einfacher, von Anfang darauf zu achten.
  • Wenn ich mich überarbeite und in eine Erschöpfungsdepression rutsche, muss ich die Konsequenzen tragen. Und die sind als Assistenzärztin nicht rosig - wahrscheinlich wäre ich ohne Lohnfortzahlung krank geschrieben, da in den 1-Jahres-Verträgen von Gesetz her nur 3 Wochen Krankentaggeld gezahlt wird oder der Vertrag während der Krankschreibung ausläuft und nicht verlängert wird. Die Spitalleitung käme also nicht an mein Krankenbett und bedankt sich für meinen ausserordentlichen Einsatz, sondern ich würde mit den ganzen finanziellen Konsequenzen alleine gelassen.
Die Arbeitsbedingungen können sich nur verändern, wenn ich bei mir selbst anfange.

In diesem Sinne meine Meinung: Schau zu dir, zu deinen Kräften. Damit hilfst du nicht nur dir sondern auch deinen zukünftigen Assistenzarztkollegen.

Was ist deine Meinung dazu? Vielleicht magst du von deinen Erfahrungen dazu berichten?