24.03.2015

(Psycho) Therapeutische Haltung

Kürzlich war ich an einem Vortrag. Selten habe ich eine Rednerin erlebt, der ich so gerne zugehört habe. Es war eine gute Mischung aus Wissensvermittlung und Erfahrungsberichten. Unter anderem kam sie auch auf die psychotherapeutische Haltung zu sprechen. Auch als Nicht-Psychiater kann es wahrscheinlich nicht schaden, diese "Grundsätze" im Hinterkopf zu halten. Wie praxisnah dies sein wird, kann ich leider noch nicht sagen. Das werde ich erst lernen. Aber hier die 5 Punkte (frei nach dem Vortrag niedergeschrieben):

1. Offenheit
Nicht mit zu erfüllenden Plänen in das Gespräch gehen, sondern offen sein für unerwartete Entwicklungen.
Dies ist für mich wahrscheinlich der schwierigste Punkt. Ich habe gerne einen Plan, ein (Therapie) Ziel, das ich erreichen will. Es ist mir aber durch diesen Input auch klar geworden, dass man als Arzt nicht alles steuern kann. Deswegen: ein guter Punkt um im Hinterkopf zu halten.

2. Festigkeit
Engagement ohne Druck, sondern Motivation aus Interessen und Respekt dem Patienten gegenüber für die Einhaltung der Rahmenbedingungen der Therapie. Den Druck von aussen vermindern, der auf den Patienten wirkt.
Das geht für mich auch Richtung Selbstwirksamkeit des Patienten stärken. Nur wenn der Patient selber auch die Therapie will, kann er gesund werden. Er wird nicht "von aussen gesund gemacht". Dazu gehört auch eine grosse Portion Geduld von der Seite des Arztes. Als Beispiel nannte die Dozentin, bei solchen Patienten nicht einen festen Termin zu vereinbaren (sie kommen morgen um 9 Uhr!) sondern Zeitfenster offen lassen (ich bin immer dienstags von 9-10 Uhr für Sie da). Quasi eine offene Sprechstunde, in der ich bei Nichterscheinen des Patienten Bürokram erledigen kann.

3. Authentizität
Dieser Aspekt wurde bei uns im Studium bereits stark thematisiert - weg von der paternalistischen Arzt-Patienten-Beziehung hin zum gemeinschaftlichen Arbeiten. Hierzu gehört auch, ein menschliches Gegenüber zu sein und die eigene Position des Wissenden & Überlegenen zu relativieren.
Dieser Punkt ist wahrscheinlich erst mit der heutigen Ärztegeneration wichtig geworden - Hand in Hand mit der veränderten Arzt-Patient-Beziehung. 

4. Neugierde
Nicht mit einem Fragekatalog mit vorgefertigten Meinungen in's Gespräch gehen, sondern sich aufrichtig für den Patienten interessieren und die Dinge verstehen versuchen.
Neugierde auf das Entdecken des Patienten mit seinen Eigenheiten hilft sicher auch, eine gewisse Routine und Langeweile zu vermeiden. 

5. Selbstfürsorge
Hierzu gehört, sich selbst als Therapeut auch in den schweren Zeiten der Therapie etwas für sich abgewinnen zu können. Im Hinterkopf zu behalten, dass es wichtig ist, sich auch als Therapeut in der Sitzung wohlzufühlen.
Mein Lieblingspunkt: nur ein ausgeglichener Arzt ist ein guter Arzt! 


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Quelle: frei nach dem Vortrag von Prof. Dr. Dorothea von Haebler (Charité Spital, Berlin, www.ddpp.eu): "Modifizierte psychodynamische Psychotherapie für Menschen mit Psychosen: ein Werkzeugkasten" (2. März 2015)

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