04.11.2017

Gerade hinstellen

Genau das muss ich jetzt machen. Wie mich das Überwindung kostet! Im Dezember werde ich mit 50% wieder einsteigen in den Berufsalltag der Assistenzärztin. Für eine bessere Planbarkeit hat mein Spital den Rhythmus gewählt, dass ich 2 Wochen 100% arbeite, dann wieder 2 Wochen frei habe. Nach erstem leeren Schlucken habe ich mich arrangiert und die Betreuung der Kinder mit flexibler privater Kita, Grosstante und Grossmutter organisiert. Auch mein Mann wird sein Pensum möglichst flexibel darum herum organisieren, damit wir auch während meinen Arbeitswochen nur auf 3 Tage Betreuung kommen (abgesehen von uns Eltern). Und für meinen Job- Wiedereinstieg ist diese Arbeitszeit eigentlich gut (weniger Übergaben und Einlesen in Patientendossiers).



Soweit so gut. Nun, wie ich gerade erst durch googlen herausgefunden habe: Weil ich noch stille, darf ich nach Schweizer Arbeitsrecht nicht mehr als 9 Stunden pro Tag beschäftigt werden. Als Assistenzärzte haben wir aber eine 50 Stunden Woche (im Vertrag! ...  sonst gilt in der Schweiz gesetzlich maximal die 42.5 Stundenwoche). Dazu gehören auch regelmässige 12 Stunden Schichten - Dienst, Wochenende, Nacht... Laut Gesetz muss meine Arbeitszeit während der Stillzeit (max. bis zum 1. Geburtstag) also auf 45 Stunden herunter gesetzt werden. Also keine dieser 12- Stundenschichten für mich solange ich stille. Und eigentlich weiss ich, dass auch die 9 Stunden höchst wahrscheinlich von mir nicht eingehalten werden können. Arbeitsschluss ist, wann alle Arbeiten gemacht sind. Für mich wird die gleiche Arbeit anfallen wie für die anderen Assistenzärzte. Trotz gesetzlicher 45 Stunden Woche. Dass ich die Arbeit,die auf 50h (und mehr...) ausgelegt ist als Berufsanfängerin in 45 Stunden erledigen kann, ist also höchst unwahrscheinlich. Trotzdem würde mich die Befreiung von den Diensten ungemein entlasten. Bislang wusste ich nämlich noch nicht, wie das gehen soll. Mit dem Arbeitsweg wäre ich fast 14 Stunden aus dem Haus. Zu Hause würde das Baby dann die Nacht dauer- nuckelnd an meiner Brust verbringen. Und unausgeruht würde die Woche dann weiter gehen.

 Eigentlich hätte ich auch Anrecht auf 90min Zeit pro Tag zum abpumpen/ stillen, aber da werde ich nicht darauf bestehen, dafür wird die Mittagspause mit gleichzeitigem Essen eingesetzt (falls denn einmal Abpumpen ausreicht...).

Mit diesem Wissen finde ich es nochmals prekärer, wenn viele andere Mamas in diesem Beruf vor dem Wiedereinstieg abstillen. In unserer Situation fühlt sich das an wie vorauseilender Gehorsam. Für nicht stillende Mütter gibt's nämlich keine Sonderregelung, auch bei einem Jobeinstieg 12 Wochen nach der Geburt nicht (wie gesetzlich in der Schweiz vorgesehen, alles andere ist unbezahlter Urlaub oder grosszügige Arbeitsgeber bezahlen bis 16 Wochen).

Eigentlich ist es absurd, dass ich Angst habe, etwas zu fordern was gesetzlich vorgeschrieben ist. Und ganz ehrlich: wenn die normalen Arbeitsbedingungen auch für Assistenzärzte gelten würden, wäre dies überhaupt nicht nötig. Als ich das Studium begonnen habe  als meine Zweitausbildung, habe ich mir versprochen, für die Rechte von uns Assistenzärzten einzustehen.

Nun ist es also wieder soweit. Ich werde eine E-mail an meine Vorgesetzen schreiben.

Nachtrag: Es war möglich, die 9 Stunden- Arbeitstage zu organisieren. Ich bin erleichtert! Die Oberärztin, mit der ich momentan zusammen arbeite, wusste noch gar nichts von diesem Gesetz. Und sie war beschämt, dass sie eine andere stillende Assistenzärztin (aus Deutschland, welche nichts von diesem Gesetz wusste und kurz nach dem Einstieg abstillte, weil es einfach nicht mehr ging) 12 Stunden- Schichten haben arbeiten lassen.

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