22.09.2018

Nadja: Teilzeitarbeit in der Pädiatrie

Lange ist es her, seit ich den letzten Erfahrungsbericht von einer Teilzeit- Ärztin veröffentlicht habe. Umso mehr freut es mich, dass es heute wieder soweit ist. Falls auch du als Ärztin in Teilzeit arbeitest, würde ich mich sehr über deinen Erfahrungsbericht freuen. Wie immer kannst du mir gerne eine E-mail schreiben, falls du mehr Informationen zu der Stelle haben möchtest.

Nadja arbeitet in der Pädiatrie und hat hier meine Fragen beantwortet. Vielen vielen Dank, liebe Nadja, für deine Einblicke!

Stell dich doch kurz vor?

Unsere bisher noch kleine Familie besteht aus Mama, Papa und 26 Monate altem Sohn (sagen wir ihm Hans). Die Eltern sind beide Assistenzärzte. Mama ist in der Ausbildung zur Pädiaterin und Papa in Richtung Kinder- und Jugendpsychiatrie. Mama hat 2013 das Studium abgeschlossen, dann bis zur Geburt im Juli 2016 100% gearbeitet (6 Mt Geriatrie, 5 Monate Dissertation, den Rest Pädiatrie), dann 1 Jahr Babypause gemacht, und seither wieder beim gleichen Arbeitsgeber mit 50% angestellt. Papa hat sein Studium 2014 abgeschlossen, seine Dissertation bereits während dem Studium gemacht, arbeitete bis Anfang 2017 100% (Innere Medizin und Kinder- und Jugendpsychiatrie), und seither 80% (kein Papitag, sondern sodass er jeweils abends frühzeitig Schluss machen kann).

 Wie sind die Arbeitstage aufgeteilt? Regelmässig/ Dienste/ Nachtdienste/ Wochenende?
Bei mir gelten 50 Stunden/Woche als 100%, daher sollte ich mit 50% auf 25 Stunden/Woche kommen. Ob dies klappt oder nicht ist extrem abhängig von der Station, auf welcher ich eingeteilt bin. Ich wechsle alle 2 bis 6 Monate die Station, daher ist es immer wieder anders. Am Besten klappt es auf den Polikliniken, da hat man schon lange im voraus den Arbeitsplan, wenig Wochenenddienste - zirka alle 2 Mt ein Wochenende - und man hat wenig unvorhergesehenes und kann ansonsten abends auch Berichte liegen lassen und sich die Zeit selber einteilen. Falls es mal zu ein paar Überstunden kommen sollte, werden diese auch zeitnah kompensiert. Am Schlechtesten klappt es auf der Intensivstation. Dort gibt es viel Unvorhergesehenes (zum Beispiel kurz vor Dienstwechsel ein Schockraum, dann kommt man erst Stunden später raus), die Arbeitspläne sind immer wieder komplett anders, man hat 1-2 Wochenenddienste/Monat, die Arbeitspläne kommen meist erst extrem kurzfristig raus (manchmal erst 3 Tage bevor der Monat beginnt). Überstunden werden auf der IPS meist nicht generiert, weil unter der Woche 3 Schichtbetrieb herrscht - also nur 8h/Tag plus Übergabe, statt den üblichen 10h/Tag. Am Wochenende hat man dafür 2 Schichtbetrieb - also 12h plus Übergabe. Für Überstunden reicht es aber meist nicht. Das Problem dort ist eher, die kurzfristigen Pläne um die Kinderbetreuung zu organisieren und, dass immer wieder versucht wird zum Beispiel 7 Tage am Stück eine Teilzeitarbeitende einzuteilen - was einfach kein Sinn macht auch wenn das möglicherweise besser ist für die kontinuierliche Betreuung der Patienten. Ausserdem bin ich schon länger am kämpfen für mindestens einen fixen freien Wochentag, andem ich nie arbeiten werde - das klappt auch nicht überall gleich gut. Ich werde dies aber weiterhin versuchen durch zu setzen. 
Bei meinem Arbeitsgeber gibt es 50%, neuerdings 75% und 100% Pensen für Assistenten. Die 50% Teilzeitarbeitenden werden nur auf dem Notfall, der IPS oder in Polikliniken (maximal 6 Monate) eingeteilt. Dies finde ich besonders ungünstig, da Eltern sicher froh wären um möglichste wenig Schichtarbeit und viel Kontinuität - auf dem Notfall und der IPS ein Fremdwort. 

 Musstest du dir eine Stellenpartnerin selber organisieren?
Ich habe keine Stellenpartnerin in dem Sinne. Während meiner Zeit auf der Poliklinik, habe ich mir eine 100% Stelle mit einer Kolegin geteilt, das war sehr unkompliziert, wir mussten einfach die Ferien etwas abstimmen, aber das ging alles sehr einfach. 

 Was ist dir bei deiner Arbeit wichtig? Hast du evl. ein Ausbildungsziel (FMH Titel)?
Mein Ziel/wichtig ist mir in der Ausbildung zur Pädiaterin weiter zu kommen - wie ist aktuell sekundär.

 Was würdest du am liebsten bei deiner Arbeitsstelle verändern?
Ich wünschte mir, dass die Arbeitspläne frühzeitig feststehen, teilzeitarbeitende Eltern mit kleinen Kindern primär auf Stationen eingeteilt werden, die möglichst viel Tagdienste haben, wenig unvorhergesehenes und möglichst fixe Täge. Ich würde mir auch wünschen, dass ein grosses Kinderspital wie mein jetziger Arbeitsgeber mit einer Kinderbetreuungsstätte zusammen arbeitet, welche ALLE Dienste abdecken kann und flexibel ist - so wie wir es auch für unseren Arbeitsgeber sein müssen. Da mein Mann auch viele Dienste hat, sind vor allem die Abende/Nächte/ Wochenenden für uns schwer abzudecken, da wir dabei nicht auf 'offizielle' Fremndpetreuungsplätze zugreiffen können. Das muss also jeden Monat neu mittels privaten Kontakten organisiert werden - und die Grosseltern sind leider nicht in der Nähe. 

 Wie habt ihr euch die Kinderbetreuung organisiert?
Unser Sohn geht primär zur Tagesmutter, welche über den Tagesfamilienverein angestellt ist. Wir haben die Vereinbarung, dass er jeden Monat wieder anders kommen kann von den Zeiten und Tagen her, aber mindestens 9h/Woche. Er hat ausserdem eine Ersatztagesmutter, die bei Krankheit oder Ferien der Tagesmutter zum Einsatz kommt. Beide sind zwischen 7h bis 19h wochentags verfügbar. Der Rest (Abende/Nächte/Wochenenden) versuchen wir Eltern gegenseitig aufzufangen, was aber oftmals unmöglich zu planen ist aufgrund der kurzfristigen Arbeitspläne, daher kommen dann ein erweiterter Kreis an privaten Kontakten zum Einsatz - Studienkollegen, Arbeitskollegen, Babysitterin, Grosseltern, und so weiter. 

 Welche Tipps würdest du Medizinstudenten oder Assistenzärztinnen mitgeben?
Kinder zu haben während der Assistenzzeit, wenn beide Elternteile Ärzte sind und viele Dienste haben und die Grosseltern nicht nebenan wohnen, heisst viel organisieren. Aber ich würde es sofort wieder tun, respektive wir werden es hoffentlich bald wieder tun. Lasst nicht locker bei Verhandlungen mit dem Arbeitsgeber und seid auch nicht zurückhaltend mit euren Anliegen an oberster Türe anzuklopfen - Beharrlichkeit zahlt sich aus.

Ich finde übrigens seit ich Mami bin, habe ich ein komplett anderes Verständnis für meine Arbeit als Pädiaterin, es beeinflusst mich sehr positiv in vielerlei Hinsicht. 

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